Nebelschwaden hängen in den Baumwipfeln und Sträuchern – erste Anzeichen des Herbstes, der hier im Norden schon begonnen hat. Ich befinde mich zurzeit in der schwedischen Provinz Värmland, nahe an der Grenze zu Norwegen. In gemächlichem Tempo radle ich auf einem Schottersträsschen nordwärts. Es ist kühl an diesem frühen Morgen, ein leichter Gegenwind bläst, es nieselt und ich bin noch nicht ganz wach. Kein Mensch weit und breit, kein anderer Radfahrer, keine Autos, kein Traktor – einfach Stille. Herrlich.
Eine leichte Rechtskurve – und dann plötzlich sehe ich sie, etwa 25 Meter vor mir, mitten auf dem Strässchen: Sie haben dünne und unendlich lange Beine, ihre Köpfe sind unförmig. Die beiden ausgewachsenen Elche glotzen in meine Richtung, machen aber keinen Wank. Ich bin nun hellwach, drossle das Tempo und rolle langsam auf sie zu.
Die Elche glotzen. Ich glotze.
Sie scheinen etwas verwirrt zu sein. Womöglich ist es wegen meinem Outfit, bestehend aus einer knallgelbe Regenjacke, einer giftig-grüne Regenhose sowie einem Velohelm, der an einen Kübel erinnert. Ich sehe zweifellos ziemlich doof aus. Das gilt allerdings auch für die Elche. Bei ihnen ist das seit Geburt so. Arme Geschöpfe.
Das gegenseitige „Schau-mir-in-die-Augen-Schlaks“ dauert keine drei Sekunden. Dann galoppieren die beiden ohne jegliche Eleganz davon, halten aber nach 30 Metern auf einem Stoppelfeld inne und glotzen wieder zu mir hinüber. Dann verschwinden sie im Dickicht.
Ein Ausschnitt aus meinem Tagebuch – datiert vom 4. August 2016.
Seit Anfang Juni ist es ein Ritual: Jeden Abend scrolle ich vor dem Einschlafen durch das Tagebuch #ToNorthCape2016 und lese nach, was ich genau vor einem Jahr erlebte. Ergänzt mit Fotos desselben Tages bin ich so noch einmal auf dieser Velotour, die von Bern ans Nordkap führte. Schweissfrei.
In einer Sommerserie porträtiert die “Aargauer Zeitung” Leute, die einen Roadtrip unternommen haben. Vorgestern war meine Velotour von Bern ans Nordkap an der Reihe.
Als PDF zum Herunterladen:
“Velofahren bedeutet für mich Freiheit” (PDF, 2. August 2017)
hallo mark
habe eben mit vergnügen die elchszene gelesen. das in berlin, wo ich heute abend mit meinem rad von friedrichshafen herkommend eingetroffen bin.
erinnern sie sich an die wilerin, welche im letzten dezember punkto radreisen um rat bat? sie haben mir damals prophezeit, dass ich die grosse freiheit finden würde. sie hatten recht: die 7 tage waren fabelhaft, nur leider zu kurz. aber ich bin stolz. knapp 800 km. immerhin. und erstaunlicherweise war das alleinradeln herrlich. ihnen erlebnisreiche weiterreise.
und: komoot ist super!
herzlichst,
kathrin
wil/berlin
Liebe Kathrin
Einigen wir uns doch auf das vertrauliche Du, wer lange Touren fährt, hält das unterwegs ja auch so.
Vielen Dank für deinen Kommentar. Vor wenigen Tagen bin ich zufällig auf deine E-Mail vom letzten Dezember gestossen, und dabei fragte ich mich, ob du tatsächlich ein Veloabenteuer in Angriff nehmen wirst. Das hast du getan – toll! Und dabei offensichtlich ähnliche Erfahrungen gemacht wie ich vor Jahresfrist. Wunderbar, das freut mich sehr. Welcome to the club.
Nun ist deine Tour zu Ende. Wo hast du sie begonnen? 800 Kilometer von Berlin aus, ok. Aber in welche Richtung?
Über Komoot reden wir noch…
Ein gutes Anklimatisieren in der Schweiz wünsche ich dir.