Die Schweiz braucht solide Brücken


Heute vor zwanzig Jahren
stand ich am Fuss des «Volcán de Agua» (Wasservulkan), tags darauf kletterten wir auf seinen Gipfel (3760 Meter über Meer). An den Abstieg erinnere ich mich noch heute wegen den Schmerzen an meinem «Chassis». Ich lebte damals in Guatemala, lernte fleissig Spanisch, unterrichtete Englisch, wurde von meiner Gastfamilie als «el gringo con ojos azules» herumgereicht, bereiste das Land in den kunstvoll bemalten «Chicken Busses» (mehrheitlich ausrangierte Schulbusse aus den USA) und versuchte mich beim Tortillas Backen und Salsatanzen. Beides sorgte für Erheiterung, aber das ist eine andere Geschichte.

Mein Bedürfnis nach gut aufbereiteter Information war auch in jener Phase gross. Die Zeitungen Guatemalas taugten nichts, die internationale Presse war nicht greifbar, das Internet hatte sich noch nicht durchgesetzt. Zum Glück hatte ich einen Weltempfänger dabei, der auf der ausgestreckten Hand Platz fand. Dank diesem Gerät konnte ich auf Kurzwelle die Sendungen von Schweizer Radio International (SRI) empfangen. Heute heisst dieser Dienst übrigens Swissinfo – er ist längst eine Onlineplattform, die übrigens gut und unaufgeregt über die Schweiz berichtet.

Damals hörte ich mir alle zwei, drei Tage zu fixen Zeiten die Sendungen von SRI an und blieb so informiert, was in der Schweiz passiert. Es war eine Brücke in die Heimat.

An diese Phase meines Lebens dachte ich über die Weihnachtstage oft zurück, weil mich das Welt-Mikrofon des «Echo der Zeit» (siehe oben) daran erinnert. Aus diesem Foto wurde schliesslich eines der Sujets für die Abstimmung gegen die No-Billag-Initiative, die wir vorgestern fertigstellten. Hintergrundsendungen wie das «Echo der Zeit» (täglich) oder «International» (wöchentlich) von Radio SRF kosten Geld, sie sind am Markt nicht zu finanzieren, weil er viel zu klein ist. Nach einem Ja zu No Billag am 4. März würden sie verschwinden.

Unser Kleinstaat ohne Ressourcen leistet sich seit 1992 allerhand Isolations-Klamauk. Dabei geht vergessen, dass die Schweiz zusammen mit Grossbritannien das erste globalisierte Land der Welt war. Gerade aus wirtschaftlichen Gründen ist für uns eine stetige Auslandberichterstattung unerlässlich, wir müssen wissen, was in anderen Ländern geschieht. Die Beschränkung auf «Regierungsputsch, Hungersnot, Krieg, Erdbeben», wie das Syndrom seit zwanzig Jahren diskutiert wird, wäre fatal. Die privaten Medien bauen ihre Auslandberichterstattung aus Kostengründen schon seit Jahren schrittweise ab. Aus den Chefredaktionen tönt es: «Das Ausland» interessiere hierzulande halt nicht. Ich halte dagegen: Wir brauchen eine solide Brücke ins Ausland.

Die Kampagnensujets hat übrigens Steven Götz kreiert. Wer einen hervorragenden Grafiker braucht: he’s the one.

P.S.
Klar, über den Claim könnten wir abendfüllend diskutieren. Die Negation ist umstritten, andere Leute in unserem Komitee votierten für ein Fragezeichen. Am Schluss landeten wir bei einem Kompromiss – genauso, wie die Politik in diesem Land, wenn sie pragmatisch bleibt. Eines ist gewiss: «Der Bestatter» beginnt am 2. Januar mit der sechsten Staffel, unser Sujet mit Mike Müller sorgte schon gestern für Wirbel.

Disclaimer:
Ich bin Kampagnenleiter des Komitees «Nein zum Sendeschluss», das gegen die No-Billag-Initiative kämpft.