Eine kleine Vorweihnachtsgeschichte

Von Asylsuchenden wird der Wille zur Integration verlangt – zu Recht. Tesfom Andermariam ist einer von ihnen. 2014 flüchtete er aus Eritrea in die Schweiz, lernte Deutsch, integrierte sich weitgehend, absolvierte bei einem Malergeschäft zuerst eine Schnupperlehre, dann eine einjährige Vorlehre. Malermeister Jürg Lüthi, ein FDP-Lokalpolitiker aus Mühlethurnen (BE), war zufrieden mit ihm.

Der nächste Schritt war logisch: Die beiden Männer kamen überein, dass Tesfom eine Lehre machen darf, was der Kanton Bern bald bewilligte. Doch dann kam die Hiobsbotschaft. Tesfoms Asylgesuch wurde abgelehnt und er musste von einem Tag auf den anderen in ein Asylzentrum umziehen. Dort schleppten sich die Monate dahin, abgewiesene Asylbewerber dürfen laut Gesetz nicht arbeiten. «Die Langweile war schrecklich», erzählte Tesfom der Zeitung «Bund».

Weil er nachweisen konnte, dass die Rückkehr in seine alte Heimat gefährlich wäre, wurde sein Asylgesuch im zweiten Anlauf gutgeheissen. Mit zwei Jahren Verspätung darf er nun im nächsten Sommer seine Lehre beginnen. Malermeister Lüthi spricht von einem Weihnachtsgeschenk. In der Tat: Lehre statt Leere, Farben statt nur Grautöne.

Die Asylproblematik wird allzu oft nur schwarz-weiss gestreift, irgendwo zwischen «Faules Pack!» und «Die armen Asylbewerber!». Eine Wertung jenseits dieses simplen Rasters:

– Es ist eine Binsenwahrheit: Integration funktioniert, wenn Zugezogene eine Landessprache gut beherrschen. Tesfom ist kein Einzelfall.

– Viele Handwerksbetriebe haben seit Jahren Mühe, ihre Lehrstellen zu besetzen. Was sie tun, bleibt aber gefragt. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass motivierte Asylsuchende eine Chance erhalten und, so sie sich bewähren, eine Aufenthaltsbewilligung erhalten. Statt jahrelang Nothilfe zu beziehen und in Asylzentren die Zeit totzuschlagen, werden sie zu geschätzten Arbeitskräften, die ihren Lebensunterhalt selber bestreiten.

Heute entscheidet der Nationalrat, ob Asylsuchende mit einem Lehrvertrag ihre Ausbildung in der Schweiz trotz einer Wegweisung beenden dürfen, bevor sie in ihr Herkunftsland zurückkehren müssen.

Laut einer Schätzung der Berufsschulen müssen jährlich 300 bis 400 Asylsuchende die Lehre abbrechen, weil ihre Gesuche abgelehnt werden. Mit Verlaub, aber das ist absurd. Mit dem praktischen Wissen, das sie sich angeeignet haben, könnten sie etwas bewirken – in der Schweiz oder in ihrer alten Heimat.

Foto: «Der Bund»