Polizist Número um spricht zwei Brocken englisch, Número dois zwei Brocken spanisch, ich wiederum bringe es auf ein Viertelbröcklein portugiesisch. Polizist Número três kann den beeindruckend grossen Computer bedienen, Número quatro hat lange, rabenschwarze Haare und ist eine hübsche Frau, Número cinco trägt anstelle der Uniform einen dunkelblauen Trainer, ist aber ebenso dienstbeflissen wie seine Gspändli und hält sich wie Número quatro in der zweiten Reihe.
Draussen ist es dunkel und schüttet wie aus Kübeln. Ich befinde mich auf dem Polizeiposten in Vila Nova de Milfontes, einem Dorf, das etwa 150 Kilometer südlich von Lissabon liegt und der Ausgangspunkt für ausgedehnte Wanderungen entlang der Atlantikküste ist (Foto). Wellen, Wind, die Weite – die Natur hier ist wild, wuchtig, süchtig machend.
In einem Moment der Unaufmerksamkeit hat meine Freitagstasche, die mir seit 1999 täglich am Rücken hängt und stets fast alles mitführt, was ich brauche, plötzlich Beine bekommen. Ihr Inhalt: Mac, Fotokamera, iPhone, Pass, Bücher, Notizen, Zahnpasta, Sackmesser… Dumm gelaufen. Ich schaffte es trotzdem, an einem meiner Vorsätze festzuhalten: gelassen auf Ereignisse zu reagieren, die ich nicht beeinflussen kann.
Ich versuche dem Polizisten-Quintett, den Vorgang des Diebstahls und den Inhalt meiner Tasche zu erklären. Am Anfang verläuft das harzig, doch wir werden bald besser. Jedes Mal, wenn wir uns verstanden haben, nicken sechs Köpfe, das Mimen, das ich vor vielen Jahren bei einer Laienbühne gelernt hatte, hilft auch. Offensichtlich übertreibe ich es einmal: Die Polizisten gucken zuerst verdutzt, dann wechseln ihre Gesichter in den Modus „belustigt“, und als ich schliesslich mit den Augen zwinkere, prusten sie los. Von da an ist das Eis gebrochen.
Nach dem Ausfüllen von vier Seiten Rapport und dem Ausdrucken von vier Exemplaren, die ein Biest von einem Drucker kräftig vordern, zwölf Unterschriften von mir und dem diensthabenden Offizier sowie sechzehn Stempeln – pro Seite einmal – ist dieser Fall im Kasten und ready für die Schweizer Versicherung.
Was ich mit diesem Posting sagen will: Portugiesische Polizisten sind freundlich und hilfsbereit, genauso wie alle ihre Landsleute, die wir getroffen haben, auch. Ohne das mobile Sklavengrätli habe ich die letzten fünf Tage wohl viele Anrufe und SMS verpasst. Sie alle hängen jetzt irgendwo im Apple-Walhalla und werden nie mehr gefunden. Ich weiss nicht einmal, von wem sie stammen. Das tut mir leid und ich bitte die Absenderinnen und Absender um Verständnis.
Inzwischen habe ich mir wieder ein neues Sklavengrätli angeschafft. Die Nummer ist die alte: 079 696 97 02.
P.S. Mobile-lose Tage sind erholend, imfall. Sehr zu empfehlen.