Dieses Sparprogramm ist erst ein Vorgeschmack

Gut gemachter Wirtschafts- und Wissenschaftsjournalismus erreicht die Massen nicht, ist aber wichtig. Mit dem nächsten Sparprogramm, das Schweizer Radio und Fernsehen SRF gestern bekannt machte, wird das Angebot in diesen beiden Bereichen ausgedünnt. So fällt etwa die profilierte Wirtschaftssendung «Trend» (Radio SRF 1) genauso weg wie das «Wissenschaftsmagazin» (Radio SRF 2).

Das ist bitter. Der Aufschrei ist gross, wie jedes Mal, wenn das öffentliche Medienhaus ankündigt, sein Angebot reduzieren zu müssen.

Dieses Beispiel zeigt exemplarisch: Der Druck der Halbierungsinitiative wirkt. Die Politik gibt ihn weiter an die SRG. Seit drei Jahren dreht sich die Diskussion vor allem über Preisschilder – 335 Franken? 300 Franken? 200 Franken? Tatsache ist, dass die Haushaltgebühren in den letzten zehn Jahren um 25 Prozent gesunken sind.

Es braucht endlich eine Debatte über den medialen Service public und was er in Zeiten von Desinformation und Fake-News leisten sollte.

Die privaten Medien in der Schweiz stecken in der tiefsten Krise ihres Daseins. Inzwischen fliessen jedes Jahr 2 Milliarden Franken an Werbegeld zu Tech-Plattformen wie Google, Facebook und Instagram. Diese 2 Milliarden fehlen, mit teureren Abos ist der Ausfall nichtannährend zu kompensieren.

Doch zurück zu den Sparprogrammen bei SRF. Sie geben uns einen kleinen Vorgeschmack, was passieren wird, wenn die Halbierungsinitiative durchkommt. Das Rumpfprogramm in vier Landessprachen würde nicht mehr viele Menschen in der Schweiz erreichen. Was ein paar Jahre später folgen würde, ist klar: der Sendeschluss.

Aus diesem Grund sind wir schon seit drei Jahren daran, mit der Allianz Pro Medienvielfalt ein Bollwerk gegen die Halbierungsinitiative aufzubauen. 3700 Einzelpersonen und 18 Organisationen sind bereits an Bord – vom Schweizer Fussballverband über Travail.Suisse und die IG Volkskultur bis zu mehreren Filmverbänden.

Auf der Website der Allianz Pro Medienvielfalt kann man sich eintragen und so Teil der Community werden.

Foto: 20Minuten/Matthias Spicher

Weshalb es das Polit-Forum Käfigturm braucht

kaefigturm_by_claude_kuhn_766

Womöglich gedeihen schlechte Ideen in dieser garstigen Jahreszeit besonders gut: So wollte ein Zürcher Medienkonzern vor genau sieben Jahren die Traditionszeitung „Der Bund“ einstellen. Unsere Antwort damals war die Kampagne „Rettet den Bund“.

Vor genau drei Wochen entschied die Bundeskanzlei, dass sie das Polit-Forum Käfigturm in Bern schliessen will. Ich war just bei der Bekanntgabe im Käfigturm und glaubte zunächst, mich verhört zu haben. Und dann gab ich den adaptierten Mörgeli: „Sind die eigentlich vom Affen gebissen?“

Das Polit-Forum Käfigturm ist kein elitärer Kulturtempel. Dort wird Politik und Geschichte vermittelt – anschaulich, konkret und klug aufgebaut. Die Ausstellungen überzeugen auf hohem Niveau, die Räumlichkeiten, ausgestattet mit viel Ambiente, werden aber auch fast täglich für Podien, Medienkonferenzen und andere Veranstaltungen genutzt. Ich durfte sie auch schon für eine Buchvernissage mieten.

Die Angebote des Käfigturms werden rege genutzt – gerade von zahllosen Schulklassen aus der ganzen Schweiz. Drei Jahre lang waren die Büros meiner Firma direkt nebenan und so konnte ich das Kommen und Gehen aus der Nähe beobachten. Was mir dabei immer wieder auffiel: der Gesichtsausdruck der Besucherinnen und Besucher. Menschen, die sich lieber die Kuppelshow „Der Bachelor“ anschauen, gucken anders in die Welt.

Der Besuch im Polit-Forum regt zum Denken und Diskutieren an. Es geht um politische Bildung, die an den Schulen seit Jahren nur noch kümmerlich vermittelt wird. Und jetzt wollen Rotstift-Gauchos diese Institution auf Ende 2016 schliessen! Das ist kurzsichtig und, mit Verlaub, einfach nur dumm. Die Hauptstadtregion Schweiz muss gestärkt werden. Bern braucht eine Institution wie das Polit-Forum, um die Akteure zusammenzuführen.

In Fronarbeit habe ich die letzten drei Wochen zusammen mit Walter Stüdeli, einem Berufskollegen, in langen Nachtstunden eine Kampagne entworfen. Sie heisst: „Rettet den Käfigturm“. Knapp 20 Persönlichkeiten sind bislang im Co-Präsidium des Komitees vertreten, z.B. Peter Stämpfli, Roger Blum, Steff La Cheffe, Röbi Koller und die beiden Berner Ständeräte Werner Luginbühl und Hans Stöckli, das Sujet kreierte Claude Kuhn, die Website von Andi Jacomet ist seit heute früh online.

Mit einer Online-Petition wollen wir sensibilisieren und Druck aufbauen. Die Aktion „Jeder Rappen zählt“ war gestern, jetzt gilt: Jede Unterschrift zählt. Danke fürs Verlinken, Weitersagen und Mitkämpfen.

Das Polit-Forum Käfigturm muss erhalten bleiben – weil es die Demokratie stärkt.

Die Rettungsaktion zugunsten der Zeitung „Der Bund“ hatte womöglich einen Einfluss auf die Entscheidung der Tamedia; sie wird weiterhin herausgegeben. Hoffen wir, dass es das Polit-Forum Käfigturm auch in sieben Jahren noch gibt. In der jetzigen Form.

 

P.S.   Weil das “Rettet-den-Bund”-Sujet von damals mit Kuno Lauener so viele Emotionen weckte, zeigen wir es hier noch einmal:

rettetxdenxbund_kunoxlauener_766