Das CO2-Gesetz wird zum Lackmustest


Der 20. Oktober geht als Klimawahl und als Frauenwahl in die Geschichte ein.  Der grüne Doppelerfolg weckt grosse Hoffnungen, gerade seitens der Erst- und Wechselwählerinnen. Tatsächlich kann es in den nächsten vier Jahren zügig vorwärts gehen in der Umweltpolitik. Voraussetzung ist, dass die CVP mit ins Boot steigt. Sie ist die neue Mehrheitsbeschafferin im Nationalrat (siehe Grafik von SRF) und die stärkste Kraft im Ständerat.

Das neue CO2-Gesetz wird zum Lackmustest für die Mitte-links-Allianz. Die Verlockung bei den Grünen ist gross, die Version des Ständerats jetzt zu verschärfen. SP-Präsident Christian Levrat warnt: «Es darf trotz grünem Wahlsieg nicht überladen werden, sonst scheitert es.» Der Stratege hat bereits die Referendumsabstimmung im nächsten Herbst vor Augen. Wie sie ausgeht, ist völlig offen. Fakt ist, dass die Zahl der Fluggäste Monat für Monat steigt und stetig mehr Motorfahrzeuge zugelassen werden als in der Vergleichsperiode vor einem Jahr.

Das Umdenken beim Wählen fand statt. Ob die Menschen in unserem Land aber auch bereit sein werden, ihr Verhalten anzupassen und beim Abstimmen umzudenken, ist ungewiss. So lehnte die Stimmbevölkerung des Kantons Bern im letzten Frühjahr das revidierte Energiegesetz knapp ab – ein Triumph für den Hauseigentümerverband. Obwohl schon damals regelmässig Klimademos stattfanden, wurde eine Verknüpfung mit dieser Volksabstimmung vergessen.

Der Klimawandel war das dominante Thema des Wahljahres 2019, allerdings ging die Diskussion selten substanziell in die Tiefe. Das sollte man nachholen, sonst lassen sich viele Leute nicht mitnehmen. (Wer sich informieren möchte: die Bewegung Courage Civil führt zum Thema Klimakrise ein Dossier.) Mit in der Verantwortung stehen die Medien. Nebst den zahllosen «Was-wäre-wenn»-Storys über ein grünes Mitglied im Bundesrat drängen sich andere Themen auf: Zum Beispiel, dass in den meisten Ländern Wind und Sonnenenergie klammheimlich zu den günstigsten Energieträgern geworden sind, und zwar ohne Subventionen (siehe Grafik unten). Laut Bloomberg sind erneuerbare Energien inzwischen am profitabelsten.

Dieser Text erschien zuerst im Magazin des Verbands CasaFair.

Vom Privileg, wählen zu dürfen


Dieses Foto wurde am Wahltag 2017
in Kenia aufgenommen. Die Wählerinnen und Wähler standen sich stundenlang die Beine in den Bauch. Ob schliesslich jede Stimme am richtigen Ort gezählt wurde, ob nicht ganze Wahlurnen einfach verschwanden, ist unbekannt.

Wahlen in der Schweiz gehen hingegen reibungslos und korrekt über die Bühne. Auf eidgenössischer Ebene finden sie das nächste Mal am 20. Oktober statt, was seit rund zwei Monaten kaum mehr zu übersehen ist. Mit Aussenwerbung, Facebook-Ads, Standaktionen und Videoclips bemühen sich zig Kandidierende um unsere Aufmerksamkeit. Man kann sich über diesen «Wahlzirkus», den die Medien kräftig befeuern, lustig machen.

Tatsache ist, dass sich da draussen Politisierende schon seit Monaten abrackern. Sie tun es für ihre Überzeugungen, ihre Partei, die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten auf derselben Liste, und ja, für sich selbst. Ich beobachte solche, die selber chancenlos sind, aber unverdrossen und mit grossem Einsatz kämpfen. Das sind die wahren Heldinnen und Helden im Wahljahr 2019! Ich ziehe meinen Hut vor den Wahlteams, die selbstlos und für Gottes Lohn mitwirken.

Für viele Leute in unserem Land ist wählen eine lästige Pflicht. Es ist aber auch ein Privileg. In den Anfängen des modernen Bundesstaats durften nur Männer, die auch Steuern bezahlten, wählen und abstimmen. Ein Unding. Die Frauen erhielten hierzulande das Stimm- und Wahlrecht erst 1971, später als in Afghanistan und der Türkei.

Die späte Einführung des Frauenstimmrechts ist einer der Gründe für die tiefere Partizipation der Frauen. Sachverständige nennen das den «Gender Gap», der etwa fünf Prozent beträgt. Vor vier Jahren beteiligten sich 43 Prozent aller Schweizerinnen an den Wahlen, gesamthaft betrug die Wahlbeteiligung 48,5 Prozent.

Was die Kandidaturen für den Nationalrat betrifft, knackten die Frauen in diesem Jahr erstmals die 40-Prozent-Hürde. Das macht Mut. Aktuell beträgt der Frauenanteil im Nationalrat 32 Prozent, im Ständerat sind es 14 Prozent.

Schweizerinnen und Schweizer, glauben Sie mir: Es gibt bei jeder Partei gute Kandidatinnen und Kandidaten. Machen Sie Gebrauch von diesem Privileg, wählen zu dürfen! Smartvote, Vimentis und, erstmals, der Chatbot Parli der Verwaltung, sind gute Wahlhilfen.