Weshalb es das Polit-Forum Käfigturm braucht

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Womöglich gedeihen schlechte Ideen in dieser garstigen Jahreszeit besonders gut: So wollte ein Zürcher Medienkonzern vor genau sieben Jahren die Traditionszeitung „Der Bund“ einstellen. Unsere Antwort damals war die Kampagne „Rettet den Bund“.

Vor genau drei Wochen entschied die Bundeskanzlei, dass sie das Polit-Forum Käfigturm in Bern schliessen will. Ich war just bei der Bekanntgabe im Käfigturm und glaubte zunächst, mich verhört zu haben. Und dann gab ich den adaptierten Mörgeli: „Sind die eigentlich vom Affen gebissen?“

Das Polit-Forum Käfigturm ist kein elitärer Kulturtempel. Dort wird Politik und Geschichte vermittelt – anschaulich, konkret und klug aufgebaut. Die Ausstellungen überzeugen auf hohem Niveau, die Räumlichkeiten, ausgestattet mit viel Ambiente, werden aber auch fast täglich für Podien, Medienkonferenzen und andere Veranstaltungen genutzt. Ich durfte sie auch schon für eine Buchvernissage mieten.

Die Angebote des Käfigturms werden rege genutzt – gerade von zahllosen Schulklassen aus der ganzen Schweiz. Drei Jahre lang waren die Büros meiner Firma direkt nebenan und so konnte ich das Kommen und Gehen aus der Nähe beobachten. Was mir dabei immer wieder auffiel: der Gesichtsausdruck der Besucherinnen und Besucher. Menschen, die sich lieber die Kuppelshow „Der Bachelor“ anschauen, gucken anders in die Welt.

Der Besuch im Polit-Forum regt zum Denken und Diskutieren an. Es geht um politische Bildung, die an den Schulen seit Jahren nur noch kümmerlich vermittelt wird. Und jetzt wollen Rotstift-Gauchos diese Institution auf Ende 2016 schliessen! Das ist kurzsichtig und, mit Verlaub, einfach nur dumm. Die Hauptstadtregion Schweiz muss gestärkt werden. Bern braucht eine Institution wie das Polit-Forum, um die Akteure zusammenzuführen.

In Fronarbeit habe ich die letzten drei Wochen zusammen mit Walter Stüdeli, einem Berufskollegen, in langen Nachtstunden eine Kampagne entworfen. Sie heisst: „Rettet den Käfigturm“. Knapp 20 Persönlichkeiten sind bislang im Co-Präsidium des Komitees vertreten, z.B. Peter Stämpfli, Roger Blum, Steff La Cheffe, Röbi Koller und die beiden Berner Ständeräte Werner Luginbühl und Hans Stöckli, das Sujet kreierte Claude Kuhn, die Website von Andi Jacomet ist seit heute früh online.

Mit einer Online-Petition wollen wir sensibilisieren und Druck aufbauen. Die Aktion „Jeder Rappen zählt“ war gestern, jetzt gilt: Jede Unterschrift zählt. Danke fürs Verlinken, Weitersagen und Mitkämpfen.

Das Polit-Forum Käfigturm muss erhalten bleiben – weil es die Demokratie stärkt.

Die Rettungsaktion zugunsten der Zeitung „Der Bund“ hatte womöglich einen Einfluss auf die Entscheidung der Tamedia; sie wird weiterhin herausgegeben. Hoffen wir, dass es das Polit-Forum Käfigturm auch in sieben Jahren noch gibt. In der jetzigen Form.

 

P.S.   Weil das “Rettet-den-Bund”-Sujet von damals mit Kuno Lauener so viele Emotionen weckte, zeigen wir es hier noch einmal:

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2 thoughts on “Weshalb es das Polit-Forum Käfigturm braucht

  • 15. Dezember 2016 at 17:24
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    Sparen ist richtig, gerade wenn es um das Geld anderer geht. Das eidgenössische Parlament hat sich in langen Debatten durch das Budget 2017 und artverwandte Vorlagen gekämpft. Und was offenbart der geschärfte Blick auf die Zahlen: Die Bauern erhalten künftig 62 Millionen Franken mehr, ihre Subventionen erhöhen sich auf 3,39 Milliarden Franken pro Jahr. Und auch für die Schweizer Armee gibt es mehr Geld: neu 5 Milliarden Franken pro Jahr.

    Für das Politforum Käfigturm in Bern hingegen gibt es in Zukunft: 0,00 Franken. Das haben National- und Ständerat gestern beschlossen. Es hätte seitens des Bundes nur noch 400’000 Franken jährlich gebraucht, um diese Institution weiterhin zu betreiben. Bislang leistete er 1 Million Franken. Die Reduktion betrug also satte 60 Prozent, weil Bernburger, Landeskirchen sowie Stadt und Kanton Bern mit einer neuen Trägerschaft, einer Stiftung, die Kosten breiter verteilen wollten. Voraussetzung dafür war, dass auch der Bund mitmacht.

    Fassen wir zusammen: Bauern und Militär kriegen künftig noch mehr Geld, für politische Bildung – auf ihre Wichtigkeit weisen Politiker in jeder Sonntagsrede hin! – gibt es weniger.

    In den letzten 15 Jahren war ich oft im Politforum Käfigturm, ich traue mir deshalb ein Urteil über die Qualität der Ausstellungen und Veranstaltungen zu. Was dort geboten wird, regt zum Denken an und trifft offensichtlich den Nerv des Publikums: rund 30’000 Besucherinnen und Besucher werden jährlich gezählt, darunter zahllose Schulklassen. Gerade im Zeitalter von Schlagworten, Fake-News, digitaler Disruption und „Trumpisierung“ wäre es wichtig, wenn Jugendliche auf niederschwellige Art den Zugang zu Politik und Medien fänden. Das Politform hat genau dies seit 1999 ermöglicht, volksnah und überzeugend, aber dummerweise ohne Lobby.

    Liebe Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die Nein gestimmt haben: Sie sind so fehlbar wie normale Menschen. Aber Sie sind sich hoffentlich auch bewusst, dass Sie gestern das Politforum Käfigturm mit dem Sparhammer zertrümmert haben. Ihr Nein war nicht nur inkonsequent, es war mit Verlaub auch strunzdumm. Frohe Weihnachten!

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