Der letzte Morgen mit Mona


Während ich diese Zeilen
schreibe, läuft auf SRF3 die allerletzte Morgensendung, die Mona Vetsch moderiert. Sie kriegt immer neuen Besuch im Studio: Hörerinnen, die auf einem Tasse Kaffee vorbeikommen, und Musiker, die ihr live und unplugged die Reverenz erweisen. 17 Jahre lang ist Vetsch regelmässig um 2 Uhr nachts aufgestanden, um uns in den Morgen hinein zu begleiten. Das ist ein Hochseilakt, weil wir das geschwätzig-aufgestellte Blabla der super-mega-coolen Moderatoren nicht mögen. Mona aber kratzte die Kurve. Sie wurde zu einer Marke.

Sie stiess in einer Phase zum „Drüü“, als der Sender auf Durchhörbarkeit getrimmt wurde. Die Privaten hatten diesen Prozess schon hinter sich, seither ist der Musikbrei im Tagesprogramm landauf, landab nur noch etwas: fad. Mona brachte Pfeffer und Salz.

Meine Generation ist mit DRS3, wie der Sender früher hiess, gross geworden. Dass wir der Morgensendung – remember „Vitamin3“ mit François Mürner, Karin Müller, Röbi Koller, hach! – mehrheitlich treu blieben, hat mit Nostalgie und Gewohnheit, aber auch mit Mona Vetsch, Mario Torriani und Philippe Gerber zu tun. Drei Profis mit Talent und Grips, die auffallen wie Orchideen auf einer Wiese mit Löwenzahn.

In der Morgenschiene, wie das im Jargon heisst, kamen Mona oft Fluchwörter wie “Gopfertammi” oder “Huere Siech” über die Lippen. Doch diese federte sie stets gekonnt ab, nie klang es grob oder primitiv. Die Fuhrhaltersprache – charmant eingepackt – gehört zu ihr.

Wer der kleinen Thurgauerin (“Ei Meter füfefüfzg, dörfsch mi duze!”) mit der grossen Klappe das Etikett „frisch, fröhlich und frech“ verpasst, wird ihr nicht gerecht. Sie hat auch einen schnellen Kopf. Und sie stürzte mit ihren Moderationen, so gewagt diese zuweilen auch begannen, praktisch nie ab. Blöd-lustig oder verletzend war sie nie. Kommt dazu: Mona ist vielseitig, intelligent und belesen. Viele Menschen, die oft im Rampenlicht stehen, werden im Verlauf ihrer Karriere eingebildet und selbstgefällig. Mona hingegen ist bis heute Mona geblieben. Noch immer trifft sie sich mit ihren ehemaligen Arbeitskolleginnen, mit denen sie in den Neunzigerjahren bei einem Ostschweizer Privatradio das Handwerk erlernt hatte. Ihre Familie schützt sie vor den Medien.

Mona ist uneitel. Bodenständig. Selbstironisch. Authentisch. Sie stellt nicht sich selbst ins Zentrum, sondern hat ein echtes Interesse an ihrem Vis-à-vis. Oder am Thema, in das sie sich gerade vertieft. Dank diesen Qualitäten überzeugte sich auch in der stündigen Talksendung „Focus“ und, meistens, als Moderatorin des „Club“, ebenso in den Reise- und Spezialsendungen, an deren Namen ich mich nicht erinnern kann.

Liebe Mona, 17 Jahre lang bin ich mit dir am Morgen aufgestanden, ohne je ein schlechtes Gewissen zu haben. Thanks for being Mona, du coole Socke!

Foto: SRF

 

Von Politikern und Würsten

Mittwochabend, kurz vor 23 Uhr. Der IC von Zürich rollt in Bern ein. Er ist gut besetzt. Dutzende von nationalen Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind auszumachen, zufälligerweise nahmen viele denselben Zug zurück in die Bundesstadt: Grüne, SVP’ler und Grünliberale. Sie waren auf ihren Fraktionsausflügen, die traditionell während der Sommersession stattfinden. In der Regel werden am Nachmittag Firmen oder Institutionen besucht, gefolgt von einem geselligen Nachtessen, Medienschaffende und Politbeobachter werden auch eingeladen.

Der IC rattert langsam über die Weichen des Bahnhofs Bern, die Parlis, bunt gemischt, stehen im Gang und warten, bis der Zug hält. Da erhebt GLP-Nationalrat Beat Flach (GLP, AG) die Stimme:

„Bei uns gab es Rindsfilet zum Znacht. Was haben sie euch aufgetischt?“

Ein Ratskollege, mehrfach gescheiterter Bundesratskandidat, von Geburt weg welscher und inzwischen auch etwas schwerer Zunge antwortet:

„Wir aben nur Würste.“ (Ein Vollverb liefert er nicht.)

Einer reagiert fix, halblaut, aber doch für viele noch hörbar:

„Sprach er eben über die Leute in seiner Fraktion?“

Schallendes Gelächter.