Hier zahlt man mit Kronen, du Armleuchter!

Mein Körper meldet sich immer zuverlässig, wenn er Flüssigkeit braucht – in den Bergen wie auf dem Rad. So auch jetzt. Der Bidon und die 1,5-Liter-Pet-Flasche sind schon leer, ich brauche Nachschub.

In gemütlichem Tempo rolle ich durch die erste dänische Stadt auf meiner Tour Richtung Nordkap, etwa eine Stunde von Flensburg entfernt. Sie heisst Aabenraa. Vor einem Supermarkt namens „Netto“ stoppe ich und kette meinen Göppel an einen Pfosten. Zielstrebig gehe ich den Regalen entlang und werde schnell fündig: Ich entscheide mich für ein Tetrapak Mangosaft und schon stehe ich an der Kasse.

Die Kassierin hat einen blonden Rossschwanz, ein ungeschminktes Gesicht und müde Augen. Sie wirkt gestresst. Tack-tack-tack – sie tippt mechanisch und sagt dann irgendetwas zu mir. Ich reiche ihr wortlos einen 20er. Sie zögert, schaut zuerst den Geldschein an als komme er vom Mars, dann mich. Lange.

Ich gucke zurück. Verschwitzt. Unter dem Velohelm beginnt es zu kribbeln.

„Guckst du!?“, denke ich und halte die Situation aus. Stille.

Jetzt ergiesst sich ein Wortschwall über mich, ich verstehe nur Bahnhof. Mein Dänisch beschränkt sich auf etwa 25 Wörter, dazu kommen zwei grammatikalisch korrekte Sätze.

Ich suche in meinem Bündel eine andere Note und drücke sie der Kassiererin in die Hand. Sie gibt mir den 20er zurück, leicht angewidert, wie mir scheint. Ich begutachte ihn näher, diesen Schein in leichtem Rosa.

Während sie das Retourgeld zusammenklaubt, lese ich laut – keine Ahnung, weshalb –, was auf dem Geldschein steht: „Bank of Botswana.“

Die Leute in der Schlange hinter mir haben den merkwürdigen Nicht-Dialog natürlich aufmerksam mitverfolgt. Erheiterung kommt auf: Der vielleicht 15-jährige Teenager kichert, ein alter Mann wiederholt laut: „Botswana!“, und zwei Frauen mittleren Alters schauen sich vielsagend an – und dann mich. Mitleidig. Und ein wenig spöttisch. In ihren Gesichtern steht: Woher kommt dieser Mann in seinem lächerlichem Radfahrer-Outfit bloss?

Bei mir meldet sich das Hirn zurück: „Hallo Mark, hier zahlt man mit Kronen, du Armleuchter! Es gibt nicht einmal 20-Kronen-Scheine!“ Meine Gesichtsfarbe hat sich inzwischen leicht verändert.

Vor vier Jahren machte ich zwei Reisen, eine nach Dänemark und eine durch den Süden Afrikas. Die Banknoten, die von diesen Trips übrigblieben, hatte ich offensichtlich in denselben Umschlag gesteckt und mit „DK“ beschriftet.

Wie ein geprügelter Hund schleiche ich aus dem Laden.

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2 thoughts on “Hier zahlt man mit Kronen, du Armleuchter!

  • 5. Juli 2016 at 23:49
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    Lol …Tränen habe ich gelacht.

    Die Dänen sind zwar recht aufgeschlossen, aber das war wohl doch etwas zu viel. Ich konnte es bildlich vor meinem Auge sehen.

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  • 6. Juli 2016 at 21:21
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    Fein, liebe Yvonne. Eine Geschichte über den Aufenthalt bei dir habe ich übrigens noch im Köcher. Jetzt müsste ich nur die Zeit haben, sie niederzuschreiben. Mal gucken. Liebe Grüsse nach Schleswig.

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