Mein fünftes Baby kommt

Das Tempo, das wir anschlagen, ist rasant. Für nichts nehmen wir uns mehr richtig Zeit. Ausgedehnte Velotouren sind das Gegenmodell: sie entschleunigen und reduzieren das Leben auf das Wesentliche. Mich machen sie glücklich.

Einen Sommer lang fuhr ich ostwärts – bis in den Iran. Diese Reise gibt es jetzt zwischen zwei Buchdeckeln. Du kannst mitfahren, mitfiebern und dich hoffentlich mit mir freuen – schweissfrei und in deinem Tempo.

Mein fünftes Buch ist ein Liebhaberprojekt. Eine Leseprobe von «Immer weiter ostwärts» und das Bestellformular gibt es auf der Website meiner Firma.

Auf Tournee mit Fotos und Geschichten

Die Feuertaufe habe ich bestanden. Nach der Première des «Diaabends», notabene in Kriens Downtown, fand das Publikum lobende Worte. Das bedeutet: Die nächsten Monate kann man mich buchen. Zur Klärung: Eine Multimediashow wie bei den Profis von Explora & Co. gibt es nicht. Ich bin nicht Fotograf, sondern Geschichtenerzähler, und es macht mir Freude, andere an meinen Abenteuern teilhaben zu lassen.

Das Angebot richtet sich an Quartiervereine, Serviceclubs, Grossfamilien und dergleichen mehr. Öffentliche Vorführungen sind nicht vorgesehen, weil mir dafür der Aufwand zu gross ist. Der «Diaabend» (ich beharre auf diesen Titel!») dauert zwischen 30 und 45 Minuten – länger geht immer.

Vor Ort braucht es einen tüchtigen Beamer oder Flatscreen, Internet und Tee mit Honig. Ich reise mit dem MacBook und einem HDMI-Kabel an. Ein Honorar will ich keines. Wer stattdessen der Bewegung Courage Civil eine Spende entrichtet, macht etwas fürs eigene Karma und unterstützt einen Verein, der Gutes tut. (In diesem Jahr liegt dessen Fokus beim Klimaschutzgesetz, über das wir im Juni abstimmen werden.)

Interessiert?

Eine DM, ein Telefonanruf oder eine E-Mail reichen zum Start:
mark.balsiger@border-crossing.ch

 👉 Zur Fotogalerie auf meinem privaten Blog, die erkennen lässt, was auf die Gäste zukommt.

«I’m addicted to the flow»

The pandemic years are history – hopefully for good. So it’s high time for a large bike trip. All the way from Switzerland to Iran has been on my bucket lists for a many years. Soon, I should be ready to hit the road together with my loyal partner, Yellow Jeff. Office mate Suppino asked me a couple of questions about this journey. 

So, it’s for real, Mark, you’re going to Tehran?

Nope, dude, I’m not going, I’m cycling, C-Y-C-L-I-N-G.

Okay. But why on earth did you chose Tehran?

Well see, Taipeh and Tokyo are simply too fare away from Switzerland. At least for me. (Twinkering with his eyes.)

Would you mind giving proper answers?

Sure, Suppino, would you mind posing smarter questions? (Office mate Suppino is rolling his eyes big time.)

What made you chose the capital of Iran?

Frankly, I don’t care about Tehran, it’s the country. I heard and red from so many cyclists that Iran is stunning – in terms of landscape as well as the hospitality of it’s people. The same applies for Turkey, Armenia and Georgia. I’m truly hoping I can make it, the right knee is my weak spot.

But then, why don’t you fly to Istanbul or Ankara and start cycling there?

There you got a point. But you should not underestimate the beauty of starting a biketrip right in front of your house. The second reason: I’m very curious about the countries in the Balkans. In the nineties, I worked a couple of years in Sarajevo. So, I want to go back, Sarajevo holds a special place in my heart.

It’s an epic trip to Tehran. Are you in shape to ride some 6000 kilometres?

My daily workout happens in the indoor swimming pool. But see, there’s no need to be in a good shape before you start. The good shape comes while you’re cycling. There’s no rush, my bike trips are not about getting there. It’s all about being on the road, it’s about nature, meeting people, food and it’s about the flow. I confess that I’m addicted to the flow as much as I’m addicted to winter swimming in the river (mostly the Aare in Berne). By the way, it’s possible that I’m taking a bus if the weather is bad or I’m exhausted. (Office mate Suppino recalls silently that Mark stressed C-Y-C-L-I-N-G at the beginning of this interview. But since he’s a nice guy he keeps it for himself.)

Talking about people. You’re travelling alone.

Correct. Cycling alone offers two great things: Firstly, you deal intensely with yourself, at the same time you’re open to others or to be approached by others. The countries I’ll be passing, people are warm hearted and they are not rushing through their lives as most of us do in the Western world.

Six years ago, you cycled from Berne to North Cape. What are your learnings from this trip?

I learned a lot, indeed. But what counts is something else: Cycling is freedom.

You’ve got your on company. How do you handle it while you’re on the road?

In fact, this bike trip is a gift since my company turns 20 this year. Business colleagues in my network are taking care of some of my clients, other take a long summer break. Keeping things «on hold» for a while shall be a win-win situation.

Pictures from Marks bike trip will be posted on Instragram.

«Bike to Work» am arbeitsfreien 1. August

Die Etappen meiner diesjährigen Sommertour über die Alpen hatte ich präzis geplant. So ist es kein Zufall, dass ich am 1. August den Gotthardpass hinaufkurbelte. Ich wollte am Bundesfeiertag über unser Land nachdenken, während ich dieses gigantische, geschichts- und symbolträchtige Bergmassiv leise keuchend von allen Seiten bestaunte.

Es war ein Zufall, dass just während einer Verschnaufpause der mobile Hirnikocher vibrierte. Am anderen Ende SRF-Redaktorin Ivana Imoli. «10vor10» würde etwas zum 25-Jahr-Jubiläum des arbeitsfreien 1. August machen, der auf eine Volksinitiative zurückzuführen ist. Ob ich dazu Auskunft geben könne, fragte sie. «Nun ja», druckste ich herum, im Prinzip schon. Aber ich würde derzeit auf der alten Gotthardstrasse kleben, und das in einem Velodress, was bei mir besonders lächerlich aussehe. Imoli musste lachen.

Wir fanden einen Ausweg: Ich fuhr die Etappe zu Ende, duschte im Hotel und kurz darauf rauschte auch schon ein «10vor10»-Duo mit dem Auto heran. Der routinierte Kameramann fand im Nu einen guten Standort, um das Gotthardmassiv und meine Soundbites einzufangen.

Fazit: Ich fuhr am 1. August ziemlich weit zur Arbeit. Das war «Bike to Work adapted»! Als Belohnung konnte ich heute die Tremola hinunterbre-t-t-t-t-ern, 12 Kilometer und viele wunderbare Haarnadelkurven ging es nidsi.

Den Hintergrundbeitrag von «10vor10» zum 1. August gibt es hier zum Nachschauen.

Wie ein miserabler Tag in eine rauschende sizilianische Party mündete

Es gibt sie, diese Tage, wo du schon in den Morgenstunden weißt: Egal, was passiert, es geht heute alles in die Hosen. ALLES, tutto, du bist chancenlos. Mein aktuelles Bespiel aus Sizilien, das wir zurzeit mit dem Fahrrad erstrampeln.


Ich habe schlecht geschlafen und noch schlechtere Laune. Es braucht eine geschlagene Stunde und viele Höhenmeter, bis wir auf den zahllosen verwinkelten Gassen in der Mafia-Stadt Corleone den richtigen Weg Richtung Süden finden. Und natürlich habe ich keine guten Beine heute, es will sich partout kein Rhythmus einstellen. Ich beisse auf die Zähne, blicke stur geradeaus und pedale schweigsam durch den Tag.

Etappenziel ist Burgio, ein Bed & Breakfast ausserhalb der Stadt, das auf einem Hügel mit wunderbarer Aussicht liegt. Der Aufstieg dorthin ist giftig, ich fluche leise vor mir hin und komme kaum mehr vom Fleck. Oben wird uns beschieden: kein Platz mehr, scusi. Aber wir sollen es doch bei einem Bekannten in der Stadt versuchen, der nehme manchmal auch Gäste auf. Zwanzig Minuten später schaut uns dieser einen Augenblick lang an und schüttelt dann bestimmt den Kopf. Durchgefallen, porca miseria!


Zurück auf die Strasse.
Zur nächsten Kleinstadt. 21 Kilometer entfernt. Ventiuno kilometri! Gegenwind, Stuzzi Cadenti! Auf einem Online-Portal haben wir zur Sicherheit irgendetwas in Ribera gebucht. Abgekämpft erreichen wir dieses «Irgendetwas»: ein hässlicher Zweckbau am Stadtrand, direkt an einer stark befahrenen Strasse gelegen, der Putz ist weg, ein Namensschild fehlt. Ich fluche lautstark, checke nochmals die Adresse im Netz – alles korrekt! –, Ben drückt alle Klingeln gleichzeitig, was zu einem Sprachengewirr im Gegensprecher, aber keiner Lösung führt.

Da stehen wir im Dunkeln in unseren lächerlichen Velo-Klamotten, komplett verschwitzt, frierend, hungrig und ohne Dach über dem Kopf. Ich sehe uns schon zusammengekauert unter einer Brücke übernachten.

Im Nebengebäude befindet sich ein kleiner Supermercato. Ich stolpere hinein und nehme die junge Verkäuferin in Beschlag. Sie versteht mein mit spanischen Vokabeln durchsetztes Schwachstrom-Italienisch, zieht eine Augenbraue hoch, lächelt und verschwindet im Backoffice. Fünf Minuten später fahren ein paar Männer ein, sie gestikulieren und reden und reden und reden. Ich lärme zurück, verwerfe die Hände und finde Sizilien den letzten Flecken auf diesem Planeten. Ob das, was ich sage, Sinn macht, ist mir egal. Sono molto stanco. Wütend bin ich auch. Der A… tut weh.

Irgendeinmal wird ein Schlüsselbund gezückt und wir können rein. Die Bude ist zu unserer Verblüffung neu, sauber und aufgeräumt, aber charmefrei. Egal, die Dusche funktioniert, c’è agua freddo, und es hat zwei Betten, die das Probesitzen überstehen. Jetzt brauchen wir nur noch Kalorien. Viele Kalorien.

Wir schlendern die Strasse abwärts und entdecken schon bald ein leuchtendes Schild in der Ferne. Es ist, was wir uns erhofft haben: eine Trattoria. Laute Musik schallt nach draussen, überall stehen Leute herum, ein Glas in der Hand, die Klamotten sind teuer. Wir ernten prüfende Blicke, kämpfen uns aber trotzdem an der Menschenmenge vorbei an die Bar. Der Kellner macht ein zerknirschtes Gesicht, gefolgt von einer unzweideutigen Handbewegung: «Geschlossene Gesellschaft!»

Die gute Erziehung lässt uns keine Wahl

Wir drehen uns enttäuscht um und wollen davonschleichen. Ein Mann, etwa 60 Jahre alt, leicht gerötetes Gesicht, Adlernase, imposanter Bauch, versperrt uns den Weg. Seine Gesten sind raumgreifend, die Stimme rauh. Er bedeutet uns zu bleiben, es habe genug von allem und überhaupt werde heute nur gefeiert. Seine Frau sekundiert ihn resolut. Einen Augenblick später haben wir einen Drink in der Hand – «Salute!»

In einer Ecke entdecken wir einen Berg kunstvoll verpackter Geschenke. Auf einer Schiefertafel steht: «Alexandra e Alberto». Die beiden haben sich heute verlobt.

Am Buffet stillen wir unseren Hunger – delicioso! –, aus den Boxen wummern Bumm-Bumm-Sounds, Bachata und andere Verbrechen auf Tonträgern. Trotzdem wird die Stimmung immer ausgelassener, die Leute tanzen, aber wir stehen etwas verloren in einer Ecke. Abschleichen oder abtanzen – das ist die Frage? Wir entscheiden uns für Zweiteres; es ist die gute Erziehung, die uns letztlich keine Wahl lässt.

Die müden Beine wollen zuerst nicht recht, ich fühle mich wie ein Spastiker, aber schliesslich kommen auch wir in Fahrt und drücken ab.

Der Kontrast ist frappant:

Hier die offiziellen Gäste in ihren massgeschneiderten Kleidern, le donne betörend schön, aufgebrezelt und mit gefährlich hohen Absätzen – weshalb verliert eigentlich keine auch nur für eine halbe Sekunde das Gleichgewicht auf diesen High Heels?

Dort die beiden hereingeplatzten Svizzeri in verbeulten Jeans, alten Latschen und einfachen T-Shirts. Ben, 2 Meter 02, und ich, 1 Meter 86, wir beide überragen alle um einen bis eineinhalb Köpfe. Das sieht lustig aus, wie zwei Bojen, die im Hafen auf den Wellen schaukeln. Aber nach den Smash-Hits von «Village People» gehören wir definitiv zur Festgemeinde.